Fabian Müller, 12.4.2016
Pianosalon Christophori
Der Pianist Fabian Müller erklärt dem Publikum zu Beginn des Konzertes seine Intention für den heutigen Abend. Er hat sich auf Stücke konzentriert, die allesamt als Thematik die Natur haben. Das Thema "Im Freien" stellt heute, wie auch auf seiner neuerschienenen CD "Out of Doors" sein zentrales Interesse dar. Die Komponisten der folgenden Stücke haben allesamt das "Draußen" beschrieben.
Zuerst ein Auszug aus dem Zyklus Miroirs von Maurice Ravel. Dazu stellt ihm der Salon den Flügel von Mme Peugeot, der Marke Erard zur Verfügung. Die weiche, natürliche Klangfarbe des Erard Flügels aus dem 19. Jhdt. verleiht den Stücken zusätzlichen Charakter. Vor allem dem ersten Stück, "Nachtfalter", verleiht Müller eine wirklich plastische Form, der Falter flattert förmlich im Saal herum, wenn Müller die vertrackten Melodiekombinationen Ravels zum Erklingen bringt. Die unglaubliche Wendigkeit des Pianisten beeindruckt hier besonders. Schnell und wendig elegant wie ein Nachtfalter. Zusätzliches Knacksen und starke klangliche Kontraste zwischen den oberen und unteren Oktaven des alten Erard Flügels geben diesen impressionistischen Werken Ravels unerwartete Tiefe. Die Kompositionen bekommen dadurch, um sie mit Bildern zu vergleichen, klarere Konturen, extreme Schärfe und eine besonders warme, starke Tiefe.
Fabian Müller ein Typ, der unerhörte Wendigkeit am Klavier zeigt und auch eine sehr humorvolle Art mitbringt. Die Geschichten, die er dem Publikum zu den Stücken erzählt, machen Lust auf mehr. Er könnte ruhig noch mehr Details aus den Notenheften bzw. aus seinen Forschungen erzählen.
Jedoch, die traurige Seite, die in dem 2. Stück "Traurige Vögel" verlangt wird, bringt er nicht so klar zum Ausdruck. Ich habe die traurigen Vögel leider nicht hören können! Dafür dann das "Morgenständchen eines Narren" - die Rhythmik des Stückes wieder total erfasst, und das packend genau!!
Dann - Flügelwechsel. Ein moderner Bösendorfer 2,18m Flügel wird in den Vordergrund gerückt. Müller erzählt währenddessen die Hintergründe zu Messiaens folgendem Catalogue D'Oyseaux. Er berichtet über die Genauigkeit, mit welcher Olivier Messiaen die Notenblätter um naturalistische Details ergänzt hat - die Pfiffe einer Kurzzehenlerche sind da stellenweise gefordert, im Zusammenspiel mit wilden Attacken eines Turmfalken - und bereitet auf das zu erwartende Klangerlebnis vor.
Dank der brillanten Technik des Pianisten werden diese Vogel-Dialoge klar erkennbar. Man konnte direkt den Schrecken der Kurzzehenlerche bei der Attacke des Turmfalken miterleben. Glitzernd, perlende Töne im Kontrast zu hämmernd, stechenden Raubvogel-Stakkatos. Stellenweise bekam ich beinahe Mitleid mit der Kurzzehenlerche.
Gefolgt von einer Beethovensonate, der "Pastorale" in D-Dur. Auch hier geht er auf die Vergleiche mit Naturklängen ein, die Beethoven anscheinend unterbewusst in dieses Stück eingebaut hat. Die Melodiestimme am Ende des ersten Satzes hat Müller sehr roh, um nicht schon beinahe brutal, gefühllos zu sagen, gespielt. Da war leider nur wenig von dem Anstrich einer "Wiener Klassik" zu hören. Auch im zweiten Satz eine eher aufdringliche Art Beethoven zu spielen. Diese etwas vordergründige, übertriebene Art war nicht so nach meinem Geschmack. Etwas weicher hätte es mir besser gefallen. Wahrscheinlich hat es an diesem schnellen Flügelwechsel gelegen. War es ein wenig zu schwierig nach dem alten Erard Flügel sich auf die zarte, sensible Klaviatur des modernen Bösendorfer-Flügels ein- bzw. umzustellen.
Bei Bartók begeistert er dagegen wieder. Wieder das Thema "draußen". Diese sehr modernen Stücke des Ungarn hat er auch wieder sehr plastisch dargeboten. Wie angekündigt nutzte er hier das Instrument als perkussives Schlaginstrument. Richtig zackig und schnell springt er über die Klaviatur. Besonders das Stück "Hetzjagd" fasziniert unter seinen Händen.
Das Publikum war richtig begeistert und Fabian Müller ließ sich zu einer Zugabe hinreissen. Ein ähnlich perkussives Stück, die Etüde No.9 von Rachmaninov, auch genannt orientalischer Marsch. Wieder Brillant. Diesmal bewies er auch noch die bislang fehlende "klassische" Note - und ließ die von Rachmaninov geforderte weiche Eleganz in dem Stück strahlen! Applaus!!!
Hier der Flügel von Mme Peugeot, den Müller für seine ersten drei Stücke aus Miroirs von Ravel herangezogen hat. Rechts im Hintergrund der Bösendorfer, auf dem er für den Rest des Abends spielte.