Sonntag, 20. März 2016

Konzertkritik - Mozart Zauberflöte, Berlin

Do., 10.03.2016, Oper im Schiller Theater

Die Zauberflöte, eines der bekanntesten Bühnenwerke Mozarts, mit berühmten Melodien und Figuren, deren Namen allein, noch heute, fast schon 250 Jahre nach der Uraufführung, in den Köpfen der Menschen fantasievolle Bilder entstehen lassen.

Tamino, der Held, dargestellt vom Salzburger Peter Sonn, erinnert ein wenig an eine österreichische Version von Fritz Wunderlich. Etwas weniger spritzig, aber dennoch sehr schön. Seine weiche, nasale Aussprache verleiht der Berliner Oper an diesem Abend einen zusätzlichen Hauch von "k. u. k."-Nostalgie.

Sein Gegenpart, die entführte Pamina wird dargestellt von Anna Prohaska, so etwas wie der Popstar der neuen Opernbühne. Das erste Mal, dass ich sie live erlebe, doch muss ich leider bemerken, dass ich gesanglich von ihr nicht begeistert war. Ihre Aussprache ist etwas schlampig, sie wirkt ein bisschen matt und so ist sie teilweise schwer zu verstehen. Schauspielerisch ist sie dafür sehr engagiert. Dennoch, mit ihrer jugendlichen Ausstrahlung passt sie meiner Meinung nach (noch?) nicht auf eine grosse Opernbühne.

Doch dann Papageno, Gyula Orendt. Der Vogelfänger. Der ungarisch-rumänische Bariton begeistert gleich von Anfang weg, als er an der Seite des Bühnenvorhangs herunterkletternd, singend versucht, Vögel mit einem Netz einzufangen. Ein Lacher gleich am Beginn. Welch guter Einstieg, ist doch der Vogelfänger sicher die bekannteste Figur aus der Zauberflöte! Er zeigt sich durchgehend erfrischend und hält so das Publikum bis zum Schluss auf seiner Seite. Am stärksten, die Szene, in der er zum ersten Mal seine, für ihn auserwählte Papagena kennenlernt. Diese ist da noch als altes Weib verkleidet und macht sich an Papageno heran, während sie vorgibt Reisigzweige einzusammeln. Dargestellt wird sie von der Portugiesin Sonìa Grané und stellt diese ganz eindrucksvoll ihre Verwandlungsfähigkeit auf der Bühne unter Beweis, als sie dann plötzlich ihr wahres Gesicht, das einer wahrlich entzückenden Papagena, preisgibt. Sie präsentiert sich ebenso erfrischend wie ihr Gegenstück und springen die Funken dieser Flirtszene direkt auf den Zuhörer über. Ein absolutes Highlight des Abends!

Auch die seltsame Verwandlung der bedrohlich strengen Tempelhüter in zahme Lämmer durch die Zaubermelodie Papagenos zaubern ein Lächeln ins Publikum. Dabei wandert dann schon auch einmal ein Krokodil neben einem Kamel über die Bühne und stehen mächtige Rhinozerosse links und rechts am Bühnenrand umsichtig Wache.

Und dann noch die Königin der Nacht, Elin Rombo.. stark wie Rambo! Mit Grazie schwebt sie in einer Halbmondsichel am sternenerleuchteten Bühnenhimmel, hinter einem, vertikal vor die gesamte Bühne gespannten, Nachtschleier, herein (das Bühnenbild wurde bereits 1816 von Karl Friedrich Schinkel entworfen) und gibt so ihren ersten charaktervollen Gesangseinsatz.
Auch die berühmte Arie "Der Hölle Rache" bringt sie auf eine ganz besondere, ja schon fast humorvolle Art. Sie konterkariert dabei die für den Zuhörer schon fast unmenschlich hohen Stakkato-Töne mit einer nonchalanten Lässigkeit und verleiht dadurch dieser Szene einen ganz neuen Anstrich. Sie vernachlässigt die Präzision in diesen hohen Tönen und rückt somit die Verzweiflung, die menschliche Seite ihrer Rolle, in den Vordergrund. (Sie will ihre Tochter zum Mord anstiften und sie ablehnendenfalls vom Hof verstossen.) Diese verzwickte Situation, in der sie sich befindet, wird so für den Zuhörer umso stärker spürbar. Fast schon Rock 'n Roll. Mozart hätte das bestimmt so gefallen. Strahlend leuchtende, perfekte Höhen waren meiner Meinung nach zu rein für diesen Part und weniger passend gewesen. Sie ist ja eine Königin der Nacht und nicht die Sonnenkönigin. Eine, wie ich finde, eindrucksvolle, sehr moderne Interpretation dieser Arie, von einer wirklichen Grande Dame.

Weiters zu erwähnen ist noch der Mohr, Monosatros, der sehr quirlig und lebhaft, ausgestattet mit seinen aberwitzigen, intriganten Einfällen, über die Bühne huscht. Leider wirkte die schauspielerische Leistung seines Vorgesetzten, des Tempelvorstehers Sarastro, im Vergleich dazu etwas zu statisch. Und das Orchester war manchmal etwas aus dem Takt.

Aber alles in allem, auch wegen der spannenden und aufwändigen Bühneninszenierung nach Karl Friedrich Schinkel, eine sehr sehenswerte Aufführung, die man gerne noch ein zweites Mal erleben möchte.